ein achtsames Experiment – teil zwei

Von einer Leichtigkeit im zusätzlichen Leiden sich selbst zu täuschen

innere Monster_zeigen im außen zähne

Montags wiederholte sich stündlich die Erinnerung, welche digital auf dem Tablett wöchentlich terminiert aufheult, es sei der Zeitpunkt für eine Mediation gekommen. Bis vorm Schlafengehen ignorierte ich es, um dann liegend mich am Ende des Tages einzulassen. Auftrag erfüllt. Abgehakt. Allerdings schimmert immer wieder eine Erkenntnis auf: Wie es den inneren Teilen immer wieder gelingt, sich zusätzlich Leid zu zufügen, statt sich selbst wahr- und anzunehmen und das Innehalten zu befragen, was es für alternative Reaktionsmöglichkeiten bereit hält. Der Augenblick, wo ich begriff, dass ich mir mit dem Rauchen das innerlich erlebte Chaos verstärkte und verdoppelte – und meinen Körper mit jedem Atemzug an der Zigarette quäle und die Signale, welche vom Körper gesendet werden, ignorant übergehe,  – der Moment, wo ich ganzheitlich verstand, dass ich selbst meiner eigenen Täuschungen erliege – war der Tag, an dem ich das letzte Mal rauchte. Es brauchte ein destruktives Verhalten als Auslöser. Damit ein beobachtender innerer Teil einerseits Verständnis und Mitgefühl zeigen konnte. Andererseits war es eine Chance, dass sich eine Verbindung zwischen Wissen, Fühlen und Handeln anbahnen konnte. Ähnlich komplex und anstrengend fühlt sich das Einüben einer Achtsamkeitspraxis an. Paradoxerweise klingt es ausgesprochen ganz leicht und banal. Trotzdem wütet jener innere Teil, der gern einen Leidenszustand verlängert und verstärkt – der bei erlebten Schmerzen, sich verzückt extra eine anzündet – und im Wagnis der meditativen Haltung tauchen alle  Teile in unterschiedlicher Intensität wieder auf und unter.

Bezogen auf das Thema Leiden, Gewalt und Ungerechtigkeit bleiben uns bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Wind der Veränderung aus der Gesellschaft weht und sich neue politische und soziale Strukturen herausbilden, nur zwei Alternativen. Wir können an der Stumpfheit und Dummheit der Menschen verzweifeln oder uns bemühen, Gier, Hasse und Verblendung in uns selbst zu erkennen und zu verringern. (…) Wenn wir wollen, dass es weniger Gier, Hass und Verblendung in unserer Gesellschaft gibt, müssen wir diese Haltungen in uns selbst erkennen, verstehen und abbauen, und das ist nicht leicht. (aus: „Achtsamkeit und Mitgefühl. Mut zur Muße statt Hektik und Burnout“ S.60, Silvia Wetzel: http://www.sylvia-wetzel.de )