Krähen fliegen übers Dach

Sonntag, 05.04.2015

CAM00629 CAM00630 CAM00631mit Osterwünschen und der Ermahnung, es würde am Sonntag Schnee vom Himmel fallen, verabschiedete mich eine freund_in ins Wochenende …

… dies blieb mir und meinem Hund beim Spaziergang mit Tom Waits in den Ohren erspart. Grandioser Sonnenschein, der zum Stockkampf oder improvisierten Tanzen auf der grünen Wiese einlädt.

Interessanterweise fühlte ich gestern eine gewisse Nutzlosigkeit, die eigentlich eher wenig den Tatsachen entsprach. Ich schreibe jeden tag ein paar zeilen, male, lese und hinterfrage diese aktivitäten nach sinnhaftigkeit, was völlig überflüssig ist. Es ergibt sich aus dem Prozess, unterliegt eben nicht einer Verwertbarkeit im Sinne von Lohnarbeit und vielleicht ist es genau das, was mich immer wieder hindert. Es ist scheinbar und vergleichbar mit der Hausarbeit und Kindererziehung nicht messbar und folgt keinem marktwirtschaftlichen Prinzipien der Verkäuflichkeit in Massen.

So ist in mir tief verwurzelt ein Teil, der sich selbst ermahnt für die Hingabe und das Verlieren in der Zeitlosigkeit.

In der letzten Zeit bewegten mich Männlichkeitskonstruktionen und -bilder. Außerdem stolperte ich zufällig über psychoanalytische Sichtweisen/Interpretationen von Grimm Märchen. Wie aus dem Nichts malte ich heute. Ich liebe es, handgeschriebene Worte zu integrieren. Ich bin Rolf Schanko sehr dankbar. In den künstlerischen Seminaren meiner kunsttherapeutischen Ausbildung setzt er Impulse, die ich bisher immer fruchtbar umsetzten konnte. Schon allein der Aspekt, dass Linien einer Handschrift folgen …

… heute beim Malen war mein Vater im Sinne von Projektionen anwesend und dieser Drang, sich messen und beweisen zu wollen – obwohl die Sehnsüchte nach Langsamkeit, Verbundenheit und sanften Tönen überwiegen. Auf der eher mütterlichen Seite das Funktionelle, was sich aus der Gebärfähigkeit speist.

Ich nutze meinen Unachtsamkeit, um Akzente zu setzen. Ich weiß Papier zu schätzen. Bisher mochte ich nicht auf einer Leinwand malen. Seit Kurzem entdeckte ich für mich die Papierrolle, um mir mein Format zuschneiden oder reißen zu können. Gerade zu schneiden – funktioniert bei mir ohne Lineal nie … mittlerweile nutze ich diese (Un)fähigkeit radikal. So symbolisiert bereits das noch unbeschriebene Blatt eine Zerrissenheit.

Tom Waits „lief“ mir in Halle/Saale über den Weg. Ich war an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein zu einem „Kunstspezialistenlager“ für eine Woche angenommen worden. Ich erinnere mich kaum noch an diese Woche – außer dass ich in irgendeiner Weise überwältigt war und trotzdem nicht müde wurde zu hinterfragen, weshalb ich überhaupt daran teilnahm. An die Band, die Tom Waits spielte und an das Theaterstück des Puppentheaters erinnere ich mich noch sehr gut.

Später studierte ich in Halle/S. Soziologie als zweite Wahl und in meiner jugendlichen Naivität schien es mir vielversprechender (zumindest ließen sich meine Eltern davon überzeugen) für den zukünftigen Brotverdienst. Erstaunt über ein eher diffusen Berufsbild des Soziologen war ich nicht. Ich hatte es erwartet.

Nur heute bin ich erstaunt, dass sich manchmal der Eindruck festsetzt – ich sei mit der Kirche ums Dorf gelaufen und bin mit Mitte dreißig wieder am Anfang. Das Schreiben knüpft daran an. Erst gestern dachte ich erneut an den Drehbuchschreibkurs, weil ich auf Arte eine Dokumentation zu Samenbanken und künstlicher Befruchtung verfolgte, was sich in die begonnene Drehbuchgeschichte von mir als Thema wiederfand – nur für gleichgeschlechtliche Paare … ach und das Thema ist eigentlich total egal … vielleicht ärgere ich mich, dass ich eine Geschichte nicht einfach mal konsequent zu Ende schreibe.

Total schnuppe …. ob nun Drehbuch oder was auch immer … kann ja auch ein Prosatext sein … wenn ich ein Bild male, mache ich mir auch keine Gedanken über die Verwendung.

Ich halte es sogar aus, Bilder nicht zu zerstören. Ich frage mich, inwiefern ich beim Schreiben diesem Drang nach vermeintlich wahrheitsgetreuer Abbildung so wesentlich stärker durch die wissenschaftliche Ausbildung unterliege. Im Sinne – dass ich mir selbst nur die Berechtigung zum Schreiben von Geschichten geben – insofern ich dabei auf eigene Erfahrung zurückgreifen kann. Das ist doch echt dämlich! So verwischen die Welten immer wieder zwischen Fiktion und Realität. Oder ist es nicht sooo dämlich wie ich jetzt gerade wieder denke, weil es zum Schreibprozess dazu gehört und ich lernen „muss“, wie ich beim Schreiben viel stärker meinen Impulsen folgen kann und gleichzeitig eine gewisse Form von Dramaturgie integriere, um weder mich selbst im Erzählen zu verlieren noch abdrifte in Rechtfertigungen, Erklärungen und mundgerechten Stücken, die ich am besten vorkaut habe ….

…. puh … ich will seit Wochen all meine Aufzeichnungen sortieren und ein Notizbuch an mein Bettgestell binden und ein System entwickeln, wie ich Ideen wiederfinde …

am liebsten will ich dann noch einen Comic schreiben, eine Person finden, die illustriert, ein Kinderbuch wäre auch nett, und ein Hörspiel und tanzen und zusätzlich noch ein Ausbildungsmodul zu Regie, mit einer Freund_in Texte und Bilder gestalten zum Thema Abschied und eigentlich kann ich sofort mit dem Schlafen aufhören. Mein Körper soll endlich seine Klappe halten und mir nicht außerirdische Signale schicken, die mich verharren lassen, ob ich nicht doch eine Familie gründen will – die Lohnarbeit lege ich nieder und widme mich nur noch den Ideen, gründe kunsttherapeutische Gruppen, Künstler_innengruppen zum Austausch & Lästern über Vermarktungsmechanismen, die einem den letzten Nerv rauben und und und …

.. so schluß jetzt! – Ende für heute – Ich habe kein Standardformat – so ist das eben, alles krumm und schief – basta!

bernsteinfrau

… und mein kleines wohnzimmer mit eher schlechten lichtverhältnissen wird auch immer voller …