eine Vorstellung über eine Vorstellung vom ganzen Menschen

mittwochs –

Angelehnt an die Aufforderung zum Innehalten  von Luise Reddemann (in: „Der Weg entsteht unter deinen Füßen – Achtsamkeit und Mitgefühl in Übergängen und Lebenskrisen“);

Was ist meine heutige Vorstellung eines >>ganzen Menschen<<?

Arme, Beine, Haut, Knochen, Augen, Nase, Mund, Finger, Nägel, Haare, Brust, Öffnungen, Ohren, Gehirn, Blut, Organe, Po – was für eine Frage: was ist ein ganzer Mensch? Ich könnte nun alle Aufzählungen alphabetisch ordnen, um abzulenken. Mich selbst täuschen, etwas Sortieren, beschäftigt sein – statt aufzuschreiben, dass ich ratlos bin.

Ich suche einen Anfang – zu sehr – zu stark – zu sicher!

ganzer Mensch fließt dahin und davon,
hält inne – im Schatten, im Licht
begreift mit den Händen die ruhende Stille.

Im Spiegel begegnet sich das Bild
von mir, von dir, von uns;
eine Drehung um die eigene Achse
durchdringt die Endlichkeit.

Täglich kostet mensch,
trinkt, saugt, säuft
süffisant am Nektar;
ein Gebräu aus sich Selbst*.

Darf sich neu(er)finden; alltäglich
dankbar verwurzelt im Gehen, Wandern, Reisen.
Alles* schmeckt neu; kalter Kaffee
(als) fruchtbares Element zwischen Spannung & Entspannung.

Versöhnung zwischen dir und mir;
Heimat ist kein Ort –
die kugelrunde, mitfühlende Erde hält uns ganz.

Genüsslich schlängele ich auf dem Boden
gemeinsam; mit dem vitalen, roten Faden; –
und lasse (alles) unvollkommen Sein*

Mich und Dich.

mit iPad und Finger gezeichnet
einsame birke
krähen schwimmen Oben
mit iPad & Finger zeichne ich nur mich

Überreife Zeiten oder wie wäre es mit einem Gütesiegel für Fahrschulen?

12.März 2016

… im Jahr 1999 hielt ich meinen Führerschein in der Hand. Sechzehn Jahre später traute ich mich ans Steuer. Einerseits überforderte mich die neugewonnene Bewegungsfreiheit und andererseits wühlte die Wut in mir. Nach ein paar Fahrstunden in einer Kölner Frauenfahrschule wagte ich mich auf die Straßen. Zugegebenermaßen bewaffnet und vollgestopft mit Rescue- Präparaten rollte ich das Auto über den Asphalt, aber es lief.

Während im Jahr 1999 ich wohl eher gewillt war, den Führerschein wie eine Trophäe, für die ich in den Ring steigen musste, zu lagern – damit nie_mensch auf die Idee käme, mir dieses Dokument wieder abzunehmen. Es war der Beleg, dass ich unzählige Fahrstunden überlebt hatte. Kurz vor dem Abitur schlug es in eine Welle um. Alle* leisteten sich den Führerschein, um mobil, flexibel und beweglich zu sein. Kaum vorstellbar wäre es gewesen, sich auf dem Arbeitsmarkt ohne diesen Lappen zu präsentieren.

Ich war eher gelassen, konzentriert auf den baldigen und ungeduldig erwarteten Beginn des Studiums; trotzdem beugte ich mich der elterlichen Sorge um die Zukunft (ohne Führerschein verloren und ausgeschlossen zu sein).

Heute weiß ich, sich äußeren Erwartungen hinzugeben und anzupassen, entpuppt sich meist als Einbahnstraße. Im Grunde wurde es schlimmer. Unendlich viele Fahrstunden, drei praktische Prüfungen nicht bestanden und das Schuldgefühl, die arbeitslosen Eltern endgültig in den finanziellen Ruin zu treiben, verbiß sich schmerzvoll im Nacken. Es wurde noch schlimmer. Nämlich durch diese sabbernden männlichen* Fahrlehrer, die mit jedem Satz, der ihre geifernden Münder verließ, sexistische Kack scheiße verbreiteten. Statt geduldig einfache Regeln, Tipps und Hinweise zu vermitteln, damit Fahrschüler_innen weniger verängstigt und unsicher in die nächste praktische Fahrprüfung starten können.

Und heute im Jahre 2016 ist es noch viel schlimmer: Indem weiterhin Frauen*, während sie* um an (Bewegungs)Freiheit, Unabhängigkeit und Autonomie zu gewinnen, sich in einem Fahrschul-Auto anschnallen, sexistischen Übergriffen unter der Gürtellinien ausgeliefert* sind. Wahrscheinlich – so wie ich als achtzehn Jährige damals – am Ende der Fahrschulzeit Frauen* froh sind, keinen physischen Angriffen ausgesetzt gewesen zu sein, landet der Führerschein schnell in der verdrängten Dunkelheit. Ähnlich wie die unsichtbare Tatsache, dass die subtile Bedrohung eines physischen Angriffs durch den Fahrlehrer auf den hinteren Sitzen des Autos in jeder Stunde mitfuhr.

So kam es, dass ich (nach dem die Wut über vergangenen und heutigen Sexismus im Alltag hörbare Worte fand) neulich mit einer Bekannte, die frisch die Führerscheinprüfung bestanden hatte, mir einig war. Es ist überreif – die Zeit schreit nach einem Gütesiegel für Fahrschulen, die geschult sind und geprüft werden, was  es bedeutet verantwortlich und professionell zu handeln – unabhängig vom scheinbar äußerlich lesbaren Geschlecht –  Ein Siegel, um Fahrschüler_innen stark für die Straßen zu machen; was es heißt, gewaltfrei zu kommunizieren, angstfrei zu lernen und Ressourcen zu teilen.

Zum Weiterlesen: https://wineandvaginas.wordpress.com/2015/08/03/apropos-fahrschule/

alle Jahre wieder …

Heute, am 09.März 2016 … ist es soweit. Ich bin bereit für vierzig Tage ein Bild. Dieses Jahr widme ich mich einer einzigen Linie im Bild. Täglich genügt eine Linie, die sich als Verlängerung meines Körpers ausdrückt und über jene eigentümliche Körperlichkeit hinausgeht. Zusätzlich werden Fragen nach Mäßigkeit und Sättigung wach; wann ist ein Bild fertig? Wann endet ein Prozess? Und wie stellt sich Zufriedenheit ein, wenn bereits vor dem Ansetzen des Striches das Ende gesetzt ist? Was passiert, wenn lediglich eine Linie zur Verfügung steht, um ein Bild zu schaffen? Wie können sich Energien ausagieren, die bereits, bevor sie eine Spur hinterlassen konnten, begrenzt werden. Wohl mehr; die Konzentration liegt auf einem Atemzug, der sich durchzieht. Den es gilt zu halten und sanft loszulassen. Eine innere Annahme von menschlicher Endlichkeit im Raum einer ungewissen Zukunft. Und dem liebevollen Hinnehmen, dass der Endpunkt einer stetig wechselnden Variabilität unterliegt. Das Ende ist relativ!

https://www.youtube.com/watch?v=x3riyEfAOKs

Suchbewegungen

03.03.2016

… die sich im hektischen Surfen im digitalen Raum zu Wort melden.

Interessant, wie viele Beiträge und Bücher es gibt, die Regeln zum Bloggen und über das Schreiben innerhalb einer Bloggersphere bündeln und sammeln. Nach den ersten Sätzen über all das, woran es gilt sich zu halten, werde ich (nach einer kurzen Phase des Zweifeln, inwiefern ein Nacheifern für meine Zwecke und Vorstellungen wichtig sein könnte) unglaublich müde.

Wo bleiben die Räume, die sich das Chaos, das Ungewisse, das Ausflösen von Regeln und dem Regelhaften auferlegen – ganz gleich von der Wirkungskraft und Verbreitungspfade der erschaffenden Ergebnisse und Produkte? Die Richtung des kreativ-schaffenden Handelns erwächst aus den (Such)Bewegungen des eigenen Körpers.

ganz im Sinne RAOUL HAUSMANNs: „Vorbei mit der Ästhetik; ich kenne keine Regeln mehr, weder des Wahren noch des Schönen […]“ (aus: Dada empört sich, regt sich und stirbt in Berlin)